Warum ich vehement für eine Evaluation unserer Lehrerinnen und Lehrer eintrete?
Mit Kopfschütteln muss ich erkennen, dass die Unterrichtsqualität trotz der einheitlichen Lehrpläne nicht im mindesten vergleichbar ist. Fernab von derzeitigen Missständen wie beispielsweise dem Lehrermangel und dem daraus resultierenden Unterrichtsausfall, den fachfremden Vertretungsstunden oder den sogenannten „Guckstunden“ ist die Gesamtheit der verbesserungswürdigen Aspekte unseres Bildungssystems noch lange nicht erschöpft. Die demographischen Entwicklungen bedingen Folgendes: Unsere Lehrer und Lehrerinnen altern – und mit ihnen viel zu oft auch ihr Kenntnisstand und ihre Unterrichtsmethoden.
Der Mauerfall, mittlerweile schon weitaus mehr als 20 Jahre alt, war ein Zeichen eines enormen politischen und gesamtgesellschaftliches Umbruches in Deutschland. Doch mancherlei Unterrichtsmaterial oder Unterrichtsmethode hat dieses Ereignis wohl glatt verschlafen. Auch Lehrbücher, in denen ledige Frauen neben illegalen EinwanderInnen und Arbeitssuchenden als sozial benachteiligte Minderheiten aufgeführt werden, ließen mich das ein oder andere mal verzweifeln.
Natürlich ist es nachvollziehbar dass Lehrer und Lehrerinnen neben all den ihnen auferlegten Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie aufgrund einer gewissen Gewohnheit ihre Unterrichtsinhalte und ihre Unterrichtsweise nicht Jahr für Jahr umgestalten und auf den neuesten Stand bringen. Aber ein Gemeinschaftskundeunterricht, der eben wegen dieser Gewohnheit und aufgrund fehlender Kritik auf tagespolitische Diskussionen verzichtet ist schlichtweg nicht tragbar. Auch die unterschiedlichen Leistungsstände schon allein innerhalb der selben Klassenstufe sind oftmals gravierend. Ich finde es schlichtweg unverantwortlich, dass persönliche Ansichten, Vorlieben und Schwerpunkte eines Lehrers sich oft direkt im Leistungsbild der Schüler und Schülerinnen abzeichnen und deren Anpassungsfähigkeit an die Lehrkraft einen maßgeblichen Einfluss auf ihren Leistungsstand hat. Dieser Zusammenhang begründet die Einseitigkeit und Unvergleichbarkeit des Unterrichtes und macht Lehrerwechsel oftmals sehr dramatisch. Vor allem in der momentanen Situation, in welcher fehlende Lehrkräfte oftmals gar nicht oder ungenügend ersetzt werden (können), kommt es immer wieder zu zwei- oder sogar dreifachen Lehrkraftwechseln innerhalb eines Schuljahres. Und wir Schüler müssen uns blitzschnell von Faktenwissen auf kreative Ansprüche, von stupidem Auswendiglernen auf das Erkennen von Zusammenhängen umstellen. Und gelingt uns dies nicht, werden wir mit schlechter Benotung abgestraft. Nicht einmal bei dem Abschluss unserer Schullaufbahn, sei es nach der 10., 12. oder 13. Klasse, ist Objektivität garantiert. Bei den mündlichen Prüfungen bildet der Fachlehrer oder die Fachlehrerin den Prüfungsvorsitz und selbst bei den Prüfungen obliegt ihnen die Erstkorrektur. Obwohl diese natürlich durch eine Zweitkorrektur ergänzt wird können die Anforderungen an die Schüler und Schülerinnen sich primär in den mündlichen Prüfungen um Welten unterscheiden und damit ist die Vergleichbarkeit eines Zeugnisses oder sogar Abschlusses nur bedingt gegeben. Hier muss sich dringend was ändern.
Wir Schüler und Schülerinnen sind einer ständigen Bewertung unterzogen: Nicht nur unser Wissen, auch unser Verhalten, unsere Arbeitseinstellung und unsere Mitarbeit stehen ununterbrochen auf dem Prüfstand. Die ständige Konfrontation mit äußeren Einschätzungen, sei es durch Noten, schriftliches oder mündliches Feedback, sollen uns Schüler und Schülerinnen helfen, uns selbst einzuschätzen und an uns zu arbeiten. Was spricht also dagegen, auch unsere Lehrkräfte einer regelmäßigen Einschätzung zu unterziehen?
Einmal Lehrkraft, immer Lehrkraft? Nichts da! Eine regelmäßige Evaluation der Lehrerinnen und Lehrer, deren methodische und didaktische Unterrichtsmethoden sowie die Qualität des zu vermittelnden Schulstoffes ist unabdingbar. Mindestens aller zwei Jahre muss eine Evaluationskommission zusammentreten, die sowohl anhand von Unterrichtsbesuchen als auch von Lehrer- und Elternbefragungen dem Lehrer oder der Lehrerin ein objektives und dadurch vergleichbares Feedback geben kann. Die personellen und finanziellen Ressourcen, die in eine umfassende Unterrichtsevaluation investiert werden müssten sind keinesfalls wirkungslos. Das Ideal, jedem den gleichen Zugang zur Bildung sowie ein vergleichbares Unterrichtsniveau zu garantieren, dürfte doch im Interesse eines jeden Bundeslandes oder Staates sein. Die Qualität der Bildung ist nicht ausschließlich von äußeren Faktoren, wie jenen, die ich zu Beginn ansprach, abhängig, sondern muss auch von „innen“ heraus gewährleistet werden. Warum zögern wir noch? Es kann nur besser werden!
Anja Klotzbücher, Beraterin des LandesSchülerRates Sachsens
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