Handlungsfeld Steuerung
Die Schule 2030 muss eigenverantwortlich und demokratisch sein. „Eigenverantwortung“ bedeutet nicht, dass jede Schule sich selbst überlassen wird. Aber jede Schulgemeinschaft soll Gestaltungsmöglichkeiten haben, damit Schüler*innen vor Ort gemeinsam mit Lehrkräften und anderen an Schule Aktiven ihre Schule mitgestalten können. Schulen soll auf die Bedürfnisse der Schüler*innen vor Ort – Wünsche der gesamten Schüler*innenschaft und individuelle Bedarfe einzelner Schüler*innen – eingehen können, dafür braucht sie Gestaltungsspielraum. Trotzdem müssen verbindliche Vorgaben für alle Schulen gemacht und Unterstützungen gewährt werden. Auch mit mehr Eigenverantwortung haben alle Schüler*innen ein Recht auf gute Bildung und guten Unterricht. Bestimmte Mindeststandards dürfen nicht unterlaufen werden, Eigenverantwortung der Schulen nicht zu unfairen Vor- oder Nachteilen für Schüler*innen führen.
„Demokratisch“ heißt, dass an allen Schulen Beteiligung und Mitwirkung der Schüler*innen groß geschrieben werden. Schule ist für die Schüler*innen da, ihre Stimme und ihre Wünsche müssen berücksichtigt werden. Im Handlungsfeld Steuerung stand dabei die Stärkung der demokratischen Gremien der Schule, und dabei die Stärkung der Schüler*innenvertretung, im Vordergrund.
Aus unserer Sicht legen die Handlungsempfehlungen eine brauchbare Grundlage für eine demokratisch-eigenverantwortliche Schule. Sie bleiben trotzdem in mancher Hinsicht zu wage. Dass Schulen zukünftig mehr Freiräume bei der Gestaltung von Stundentafeln und der Organisierung des Lernens bekommen, finden wir gut. Bei der Weiterentwicklung innerschulischer Demokratie sind die Empfehlungen aber nicht weitgehend genug. Die zu starke Rolle der Gesamtlehrerkonferenz und die zu schwache Rolle der Schulkonferenz wird nicht offen angegangen. Das Entscheidungsmonopol der Lehrkräfte, auch mit Blick auf neue Entscheidungsmöglichkeiten wegen stärkerer Eigenverantwortung, wird also nicht infrage gestellt. Dass die Rolle der Schulaufsichtsbehörden geändert werden soll, sodass sie in Zukunft Schulen stärker beraten und besser unterstützen, halten wir für sinnvoll. Trotzdem muss klar sein, dass Schulaufsicht weiter die Pflicht hat, die gesetzlichen Rechte von Schüler*innen gegenüber Schulen und Schulleitungen durchzusetzen. Dass dem SMK der ausdrückliche Auftrag erteilt wird, Schüler*innenpartizipation stärker zu berücksichtigen und ihm hierzu konkrete Wege aufgezeigt werden, begrüßen wir ausdrücklich, es wird sich zeigen, inwiefern das SMK sich traut dem Expert*innenvotum zu folgen.
Handlungsfeld Lernen
Alle Schüler*innen lernen anders. Die Schule 2030 soll Lernen auf die Bedürfnisse der Schüler*innen abstimmen, nicht die Schüler*innen zwingen, sich an das starre Schema der Schule anzupassen.
Schule muss Schüler*innen als Individuen eingehen. Jede*r lernt anders: zu unterschiedlichen Zeiten, mit unterschiedlichem Tempo, auf unterschiedliche Art und Weise. Manche brauchen mehr, manche weniger Unterstützung. Jede*r hat unterschiedliche Stärken und Interessen. Jede*r hat unterschiedliche Ziele, was er/sie später beruflich machen will und welches Wissen er/sie dafür braucht. Schule ist für Schüler*innen da, sie muss sich nach den Bedürfnissen aller Schüler*innen ausrichten, sie mitentscheiden lassen, angenehme Lernumgebungen schaffen, moderne Technik nutzen und Kompetenzen dem Auswendiglernen vorziehen.
Wir finden es richtig, dass der Expert*innenrat Lernen sich klar für multiprofessionelle Teams ausspricht und die Rolle verschiedener Akteure an der Schule stärken will. In den Empfehlungen wird deutlich, dass moderne Schulen mehr als nur Lehrkräfte brauchen. Aus unserer Sicht hätte der Expert*innenrat hier aber mutiger sein können: Es braucht multiprofessionelle Teams an jeder Schule. Schulsozialarbeit für jede Schule, damit alle Schüler*innen Zugang zu ihr haben (Anmerkung: wird dafür durch den Expert*innenrat Infrastruktur entsprechend empfohlen). Schulpsycholog*innen sollen nicht nur zentral beim LaSuB, sondern auch dauerhaft an allen Schulen vor Ort sein. So viele Schulassistent*innen wie nötig an allen Schulen. Genug Zeit und Qualifikation für Lehrkräfte die besondere Aufgaben übernehmen, z.B. Klassenleitung oder Beratungslehrkraft. Hier bleiben die Handlungsempfehlungen relativ zurückhaltend.
Ebenso begrüßen wir die diversen Vorschläge zur zeitlichen Flexibilisierung von Lern- und Unterrichtszeiten. Mehr Freiheiten bei der Gestaltung dürfen aber nicht auf Kosten der Freizeit der Schüler*innen gehen. Es geht um das Loslösen vom starren Tagesablauf, nicht darum, dass Schule für die Schüler*innen zur 24/7-Veranstaltung wird. Entsprechend warnen wir das SMK davor, die entsprechenden Handlungsempfehlungen als Freibrief zu nutzen, um Schule auf Kosten der Freizeit der Schüler*innen auszudehnen.
Wir befürworten, dass der Expert*innenrat Schule als Lern- und Lebensort Schule versteht. Dass Aspekte wie z.B. die Pausengestaltung und das Schulessen mitgedacht werden, muss das SMK als allgemeinen Auftrag verstehen: Lernen und Nicht-Lernen in der Schule müssen zusammen gedacht werden.
Im Bereich von Lehrplänen und Unterrichtsinhalten wählt der Expert*innenrat den richtigen Weg, wenn er fächer-, klassen- und jahrgangsübergreifendes Lernen, Lernkompetenz und die Stärkung von Querschnittsthemen empfiehlt. Wir stellen allerdings fest, dass der Expert*innenrat an vielen Stellen die Debatten lediglich vertagt hat. Konkrete Änderungen erst in noch einzurichtenden Kommissionen erarbeitet. Ob sich hier etwas für Schüler*innen verbessert oder nicht, hängt davon ab wie viel diese Kommissionen bereit sind zu verändern. Auch an anderen Stellen wird auf solche separaten Prozesse verwiesen. Wir kritisieren nicht den Expert*innenrat hierbei: das Format und der Terminplanung vom Bildungsland Sachsen 2030 sind nicht dafür gemacht, diese Detailarbeit zu erledigen. Trotzdem dürfen diese noch zu bildenden Arbeitskreise nicht dazu dienen, dass das SMK Veränderungen aufschiebt oder ganz versanden lässt. Als LSR sind wir bereit, uns auch in diesen Gremien einzubringen und erwarten eine Einbeziehung im Rahmen dieser Prozesse.
Handlungsfeld Infrastruktur
Damit Schule ein guter Lern- und Lebensort ist, muss die Schule als räumlicher Ort gut genug sein. Schulhäuser und ihre Ausstattung haben Einfluss auf das Lernklima vor Ort. Schüler*innen halten sich einen Großteil des Tages an diesem Ort auf. Die Schule als Ort und Umgebung muss deswegen den Bedürfnissen der Schüler*innen entsprechend gestaltet und ausgestattet sein.
Der Expert*innenrat empfiehlt richtigerweise, dass schulische Infrastruktur vor allem für Schüler*innen gedacht und entwickelt werden muss. Er macht aber nicht den Schritt, neben einer Entwicklung für Schüler*innen auch eine Entwicklung mit Schüler*innen gemeinsam zu fordern. Stattdessen sieht er in seiner Empfehlung als relevante Akteure in dieser Frage alle möglichen inner- und außerschulischen Akteure an, nur nicht die Schüler*innen der Schulen. Hier hätte der Expert*innenrat Schüler*innen der jeweiligen Schulen oder (bei neu zu gründenden Schulen) ersatzweise Schüler*innenvertretungen der Landkreise ausdrücklich als Hauptakteure, die es einzubeziehen gilt, nennen müssen. Als LSR werden wir uns bemühen diesen Fehler auszugleichen, in dem wir das SMK aktiv bei der Erstellung der Schulhausbauleitlinien kritisch beraten werden.
Die Erstellung von Schulhausbauleitlinien ist für den Expert*innenrat eine zentrale Empfehlung, das begrüßen wir. Allerdings hätte man auch empfehlen können, dass diese Leitlinien für die Schulträger verbindlich werden, damit alle Schüler*innen in einer Umgebung lernen, die diesen Mindeststandards genügt.
Im Bereich digitaler Ausstattung rät der Expert*innenrat zu vielen sinnvollen Maßnahmen. Er hätte jedoch einen Schritt weiter gehen und einen sachsenweiten Digitalstandard fordern können (Anmerkung: Dies hat dafür der Expert*innenrat Lernen gefordert). Im Bereich personeller Ausstattung hat der Expert*innenrat zwar die Schulsozialarbeit, nicht aber andere Unterstützungen wie die Schulassistenz oder die Schulpsychologie erwähnt. Wir halten diese aber für ebenso relevant, sie gehören ebenso zu einer modernen Schule wie eine ausreichende Versorgung mit Schulsozialarbeiter*innen.