Sehr geehrter Herr Krauß,
Sie haben in BILD gefordert, dass alle sächsischen Schulen eine Handy-Verbots-Zone werden sollen. An dem Ort, an dem sächsische Schüler die Hälfte ihres Tages verbringen, sollen sie ihren mobilen Begleiter nicht nutzen dürfen. Vor wie vielen Minuten haben Sie eigentlich zuletzt auf Ihr Smartphone geschaut?
Klingelnde Handys im Unterricht sind für Sie ein Ärgernis, ebenso wie Schüler, die lieber googeln statt zuhören. Eines vorweg: Das stört uns Schüler ebenso, darum geht es an dieser Stelle aber nicht.
Schule soll auf das Leben vorbereiten. Deswegen muss sie dringend digitaler werden, sich den neuen Medien öffnen. Darüber herrscht Einigkeit bei den Beteiligten: Das Kultusministerium feilt an einer eigenen Strategie zur Medienbildung, die Koalition hat unlängst einen Antrag „Digitale Bildung in der Schule fördern“ (Drucksache 6/9121) beschlossen, die Schülerschaft fordert ohnehin schon seit langem größere Schritte in Richtung Schule der Zukunft. Wir haben schon vor einiger Zeit Vorschläge gemacht, wie das funktionieren kann – und wir wollen dazu auch Smartphones in den Unterricht holen.
Diese sind für die verschiedensten Zwecke nutzbar. In den Naturwissenschaften taugen sie als Mess- oder Aufnahmegeräte. In Physik braucht es keine Stoppuhren mehr, in Chemie kann eine chemische Reaktion auf Video aufgenommen und später in Zeitlupe untersucht werden. Im Musikunterricht kann man Musik wiedergeben, im Kunstunterricht ist Fotografie sogar Lehrplanthema. Bei Präsentationen kann das Smartphone helfen und Apps mit Wörterbüchern sind mittlerweile für nahezu jede Sprache zu finden – von Online-Übersetzern ganz zu schweigen. Das Smartphone kann seinen Teil zur digitalen Schule beitragen und es kann es jetzt tun, denn man greift auf vorhandene Ressourcen zurück.
Natürlich, die Smartphonenutzung birgt Risiken. Deswegen wollen wir die Nutzung durch den Lehrer regulieren lassen, er soll entscheiden, wann Handys durch Schüler im Unterricht genutzt werden. In den Pausen aber soll jeder Schüler individuell entscheiden können, ob er sich eine digitale Auszeit gönnt oder sich online austauscht. Natürlich kann man über bestimmte Verbotszonen im Schulhaus oder ähnliches diskutieren – Maßnahmen, die an einigen Schulen bereits Erfolg zeigen.
Ein generelles Verbot, wie es Ihnen vorschwebt, hilft jedoch nicht. Es verschenkt Potenziale, die man besser nutzen könnte und ist zugleich ein falsches Signal: Wir fordern Digitalkompetenz, aber verweigern es, sie durchweg zu fördern?
Zudem gilt: Hausordnungsangelegenheiten sind Sache der einzelnen Schule und der innerschulischen Mitwirkung, eine Regelung, die Sie mit Ihrem „Ja“ zum Schulgesetz erst im April ebenso bekräftigt haben.
Wir würden uns freuen, wenn Sie sich in Ihrer Funktion als Mitglied des Landtages in Zukunft intensiver für die digitale Schule einsetzen würden, mit ernsthaften und konstruktiven Vorschlägen.
Willkommen in der digitalen Revolution.