Plagiatssoftware oder Spionage?

Rund 32,6 Mio Euro soll der Freistaat Sachsen von 2011 bis 2014 dafür bezahlen, dass Lehrer Kopien von Werken in ihrem Unterricht verwenden dürfen.

Und das ist nicht einmal die schockierendste Bedingung des „Gesamtvertrags zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach §53 UrhG“.

Dieser Gesamtvertrag, der zwischen den Verlagen, den Kultusministerien der 16 Bundesländer, den Verwertungsgesellschaften WORT und Musikedition und der ZFS(Zentralstelle Fotokopieren an Schulen) geschlossen wurde, sieht einige Einschränkungen für die Arbeit mit Kopien von Werken im Unterricht vor.
Lediglich 12% (aber nicht mehr als 20 Seiten) dürfen von einem Werk kopiert und im Unterricht verwendet werden. Auch das Kopieren von Zeitschriften und Musiknoten ist nur in geringen Umfang erlaubt.
Zusätzlich schreibt der Vertrag vor, dass eine Digitalisierung der Kopien und deren Verwendung bzw. Weiterleitung zu unterlassen ist.
Um die Einhaltung dieser Vorschrift auch wirklich überprüfen zu können, sollen Computer von 1% der Schulen eines Bundeslandes mit einer Plagiatssoftware durchsucht werden.

Der LandesSchülerRat Sachsen (LSR Sachsen) bewertet den Inhalt des Vertrags sehr kritisch. Zum einen bedeutet er eine ungeheure Einschränkung für Lehrer in Bezug auf die Wahl von Unterrichtsmaterial, die sich auch unmittelbar negativ auf die Schüler auswirken kann. Zum anderen ist der Staat durch den Gesamtvertrag gezwungen, das Handeln der Lehrer ständig zu überprüfen und zu kontrollieren. Da stellt sich natürlich sofort die Frage, wie solch eine regelmäßige Überprüfung realisiert werden soll und welche Konsequenzen auf Lehrer zukommen, die die Vorschriften des Vertrags nicht einhalten.

Als noch viel bedenklicher empfindet der LSR Sachsen allerdings die Untersuchung von Rechnern durch eine Plagiatssoftware, die den Ländern durch die Verlage zur Verfügung gestellt wird. Es stellt ganz klar eine Bedrohung des Datenschutzes dar, wenn Schulcomputer, auf denen Daten über Lehrer und Schüler gespeichert sind, mit einer Software, die ohne Weiteres missbraucht werden kann, durchsucht werden.
Sicher ist, dass die betroffenen Rechner komplett durchsucht werden müssen (also auch E-Mails, Hausarbeiten von Schüler usw.), um eine illegale Digitalisierung von Werken ausschließen zu können.
Somit bedeutet diese Durchsuchung nicht nur eine Gefahr für den Datenschutz, sondern auch ein großes Misstrauen der Verlage und des Staates gegenüber seinen eigenen Angestellten, den Lehrern.
Welche Konsequenzen ein Vertragsbruch, sei es ein zu hoher Umfang an Kopien oder das Digitalisieren dieser, nach sich zieht, ist bisher unklar.

Klar dagegen ist, dass der Vertrag auch in Zukunft heftige Kritik hervorrufen wird und von Seiten der Schüler keinerlei Verständnis für solch einen profitorientierten Beschluss zu erwarten ist.